Dienstag, 9. Januar 2007

Indian Stretching Time (IST)

Die Indian Standard Time wird selbst von Indern wie in der Ueberschrift bezeichnet. Wenn man hier etwas sehr schnell lernt, dann ist es gelassen zu sein und niemals zu versuchen, irgendwo puenktlich anzukommen- das waere keine gute Idee, weil man hier eigentlich immer auf etwas wartet und fuer die meisten Dinge sehr lange braucht und deshalb die Leute nie puenktlich sind. Dazu kommt, dass fuer Inder ein Treffpunkt um halbvier bedeutet, dass sie gegen halbvier das Haus verlassen und sich so langsam auf den Weg machen;-)

Momentan fahren wir vom Nehru Place mit dem Bus nach Noida- jeden Morgen ein Wahnsinns-Erlebnis. Manchmal dauerts 45 Minuten, manchmal 70, man muss auf alles gefasst sein. Wenn wir einsteigen, ist der Bus noch leer, aber auf dem Weg wird es gnadenlos voll. Die Maenner quetschen sich in drei Reihen zwischen den Sitzen, aber nie wird argumentiert und gestritten- und wenn 2 Leute mit Koffern in den total ueberfuellten Bus nach Noida wollen- sie werden garantiert mit offenen Armen empfangen und kommen irgendwie rein. Steigt eine Frau ein, bekommt sie sofort einen Sitzplatz zugewiesen und das ist auch gut so, man stelle sich eine Frau vor, die im Gang steht und von allen Seiten von Maennern eingequetscht wird...Linda, die Chinesin und Indre, die blonde Litauerin sind natuerlich die Attraktion des Morgens und muessen sich alle Muehe geben, die vielen starrenden Blicke zu ignorieren. In den Bussen nach Noida sind vermutlich ca. 150 Maenner und 10 Frauen, das ist hier wirklich so!!

Dazu kommt natuerlich der uebliche Wahnsinn, den Delhi so bietet und man kann die ganze Fahrt ueber fasziniert aus dem Fenster blicken. Zu manchmal gnadenlos lauten und scheppernden Hindimusik-Oldies sieht man Zelte, Baracken, kleine Kinder, die betteln und mitten im Winter nur ein Hemdchen anhaben, daneben wohlgenaehrte, aber krank aussehende Kuehe und Ochsen, der Wahnsinnsverkehr, topmoderne Buerogebauede...

Ich habe gestern bei der ICICI-Bank meinen ersten Pay-Scheck eingeloest. 23000 Rupien oder fast 400 Euro, in indien eine wirklich grosse Summe. Da ich Tausender abgelehnt habe, bin ich nun im Besitz von vielen 500er und 100er-Scheinen, ein riesenpaket an Banknoten. Das ist schon ein tolles Gefuehl;-) Wir sind dann gestern Abend auch in einen schicken Nightclub gegangen und haben uns ein paar Bierchen gegoennt. Stimmung und Musik waren super, aber urploetzlich und ohne Vorwarnung hat der Laden um kurz nach halbzwoelf dicht gemacht...Wieder wurde ich andauernd gefragt "Where are you from", "What are you doing in Delhi", die Fangfrage "How do you like India"- man sollte nicht zu viel und nicht zu wenig loben, sonst glauben die Inder einem eh nicht. Sie sind stolz auf ihr Land, wissen aber selbst, dass es enorme Defizite gibt und darauf wird man dann eben auch angesprochen;-) Wenn man erzaehlt, dass man hier arbeitet und mehrere Monate hier ist, hat man gleich ein Stein im Brett und erntet Bewunderung- man ist halt nicht nur ein gewoehnlicher Tourist...

Freitag Abend bin ich mit Daniel und seiner WG ins weit entfernte Gurgaon (ca 1h Fahrt) zu einer Party in einem anderen Traineeflat gefahren. Die Wohngegend war topmodern und sah komplett anders aus, als die engen Gassen in M.Nagar oder Kalkaji...Wir hatten einen Fahrer, der gefahren ist wie eine Sau, ich habe uns schon ein paar mal im Strassengraben gesehen- ich sass hinten und anschnallen ist ja nicht in Indien. Der Kerl hat waehrend der Fahrt nur aus einem Grund gebremst: Zweimal tauchte ein Ochse vor uns auf;-) Das Verhaeltnis zu Fahrern und Bediensteten ist natuerlich auch gewoehnungsbeduerftig: Man kann ruhig etwas rauher mit Ihnen umgehen- sie werden bezahlt und wollen einem alles recht machen. Sie verstehen es auch nicht, wenn man sich ueberschwaenglich bedankt (weil man froh ist, um halbfuenf morgens sicher nach Hause gebracht zu werden), denn sie haben ja nur Ihren Job gemacht..

Samstag Nachmittag waren wir dann in Saket, ein Shopping-Komplex mit Kino. In den Bond-Film haben wirs nicht geschafft, aber wir waren schoen essen, haben ein bisschen CDs und Buecher eingekauft und einen herrlichen Cappucino bei "Coffe Day" getrunken (sonst gibt es hier immer den viel zu suessen, ekligen Nescafe aus dem Automaten). Am Sonntag war ich dann mit Neha, einer netten indischen Arbeitskollegin in einer weiteren topmodernen Shopping-Mall namens Anzal Plaza. Hier gibt es Klamotten und ich werde sicherlich wiederkommen- eine echte Levis-Jeans kostet hier umgerechnet schlappe 40 Euro...

Jetzt ist wieder Arbeit angesagt- es warten vier weitere Arbeitstage;-( Spaetestens am Wochenende gibt es wieder Fotos!!

Viele Gruesse, Christoph

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Bist Du sicher, daß es Ochsen sind und nicht Stiere? Ich weiß nicht, ob es unter Hindus überhaupt zulässig ist, letztere in erstere zu verwandeln. Bei den Straßentierenn hat wohl eh niemand Interesse daran. Auf jeden Fall ist Vorsicht geboten. Lieber einen Menschen anfahren als ein Rindvieh.