Samstag, 3. Februar 2007

Wochenende in Delhi

Aus der Reise nach Amitsrar ist erstmal nix geworden. Mich nervt das schon ziemlich, dass hier einige Leute immer versuchen, moeglichst viele Leute fuer die Wochenendtrips zu gewinnen. Dadurch entsteht natuerlich immer ein totales Chaos und ehe man sich versieht, sind alle Zuege und Busse ausgebucht...Aber eigentlich war das allen so auch ganz Recht-schliesslich sind wir erst am Montag Morgen aus Udaipur zurueckgekommen und so ein entspanntes Wochenende zuhause hat ja auch was. Eventuell wird die Reise naechstes Wochenende nachgeholt, aber Genaues weiss ich dazu noch nicht...

Gestern Abend waren wir in der Disco "Dezibel" in einem riesigen Hotel in Chanyakapuri. Das war eigentlich ziemlich bescheuert, weil da kaum Inder sondern fast nur sehr junge Hotelgaeste aus aller Welt waren. Irgendwann waren so viele Amis da, dass der DJ sich nur noch getraut hat, Eminem und 50 Cent und sowas zu spielen. Das Bier war mit 250 RS (ca 5 Euro) auch noch schweineteuer, aber was solls- wir hatten wie immer unseren Spass.

Richtig nervig in Delhi sind weiterhin die riesigen Distanzen. Anders als etwa in Freiburg kann man sich Abends nie festlegen, wo (in welchem staddteil) man ausgeht, weil es einfach kein Zentrum gibt. Wenn ich unter der Woche oder so wie gestern gerne was unternehmen will und wir so lange arbeiten muessen, fahre ich meist gar nicht nach hause, sondern fahre gleich nach Kalkaji mit, um mit den Leuten dann von dort irgendwo hinzufahren. Rikschafahrten von mindestens 30 min sind dann ganz normal...

Am Mittwoch etwa habe ich mich mit Stella und Jessi in dem unglaublich schicken Hotel Imperial getroffen. Ich bin dort direkt vom Schreibtisch in Noida hingefahren, ich haette keine Zeit mehr gehabt, vorher noch nach M.Nagar zu fahren. Wir hatten zur Feier des Tages (Jessis Geburtstag und Stellas letzter Abend in Indien) ein fantastisches Dinner auf einer palmengesaeumten Terasse im Garten des Hotels genossen- es war wirklich sehr schoen und eine angenehme Abwechslung fuer mich;-) Nochmals vielen Dank fuer die Einladung!

Ich schwitze gerade ziemlich hier im Internetcafe- es ist sehr schnell sehr warm geworden- die kalten Wintertage scheinen endgueltig vorbei. Tagsueber wird es jetzt locker 25 Grad und mehr. Wir muessen uns jetzt erstmal dran gewoehnen, die Jacke zu Hause zu lassen und ich kann jetzt langsam mal dran denken, die kurzen Hemden und Hosen aus dem Schrank herauszukramen...Jetzt wo es waermer wird, ist es auch nicht mehr so nervtoetend mit Eimer und nicht vorhandenem Duschkopf zu duschen und zu warten, bis der Heater in Schwung gekommen ist- obwohl ich mich schon manchmal sehr nach einer ganz normalen Dusche sehne...

Heute oder morgen gehe ich zu dem sehr schoenen Markt in der "South Extension", dort gibt es die ueblichen Shoppinggelegenheiten und offenbar einen sehr guten, englischsprechenden Frisoer, denn ich muss jetzt dringend mal zum Haareschneiden- man drueckt sich ja eher hier vor sowas, ich habe Angst, dass die kein Englisch sprechen und mich total verunstalten;-) Hier gibt es ja an jeder Strassenecke noch richtige Barbiere (ist das das richtige Wort?)-man sieht mitten auf dem Buergersteig Maenner, die sich auf einem alten Drehstuhl in alter Art und Weise rasieren oder die Haare schneiden lassen. Das waere natuerlich die sehr viel guenstigere Moeglichkeit fuer mich, aber das lasse ich dann lieber doch mal bleiben...

Am Freitag habe ich meinen 2. Paycheck erhalten (25.000 Rs.) Es ist eigentlich schon krass, wie gut wir als Praktikanten bei Rocsearch verdienen- einige indische Neueinsteiger kriegen weniger, obwohl sie gerne mehr in die Pflicht genommen werden, als wir Auslaender. Die 25.000 sind hier schon richtig viel Geld- ich habe immeroch was von letztem Monat uebrig, obwohl ich davon die Dezember- und Januarmiete sowie das komplette Udaipur-Wochenende bezahlt habe. Wir koennen es uns auch leisten, staendig auszugehen und muessen nicht so aufs Geld achten.

Das ist schon ein grosser Unterschied zu den AIESEC-Leuten, die bei NGOs arbeiten und zum Teil nur 6000RS verdienen und daher jeden Rupee umdrehen muessen. Ich unterhalte mich oft und gerne mit meinen Mitbewohnerinnen Dhana und Claudia, die mit ihren NGO total spannende Sachen machen. Vor kurzem wurde z.B. der Delhi-Masterplan 2021 veroeffentlicht, an dem ihre Organisationen mitgearbeitet haben. Sie befassen sich mit der Situation der Slumbewohner, kuemmern sich um Unterkuenfte fuer Obdachlose, setzen sich fuer Frauenrechte ein und lernen natuerlich ganz andere Leute kennen als wir bei Rocsearch. Das Kuriose ist dabei, dass wiedermal die zwei Seiten Indiens so deutlich zu Tage treten: Unsere indischen Arbeitskollegen kommen aus gut situierten Familien, haben eine Topausbildung genossen, sprechen perfektes Englisch und trauemen von einer Karriere in den USA. Von diesen jungen Leuten gibt es zig Millionen in Indien- und deshalb tun so viele amerikanische und englische Firmen nach Indien outsourcen- irgendwie muss ein BIP-Wachstum von 10% ja zustande kommen. Auf der anderen Seite ist Indien ein Entwicklungsland, indem immer noch zig millionen Menschen unter der Armutsgrenze leben und nichtmal lesen und schreiben koennen. Wir Praktikanten lernen also beide Seiten kennen, die einen die Armut etc. und wir die "reiche" Seite...

Ein weiteres indisches Problem ist das Umweltbewusstsein. Die Menschen scheinen sich nur fuer die Zukunft Indiens zu interessieren- es geht um Wachstum, Wachstum, Wachstum. Gedanken an den Umweltschutz sind aber absolut nicht vorhanden. Ich habe mich schon mit Indern unterhalten, die von der Klimaproblematik trotz dem krassen Delhi-Smog noch nie was gehoert haben- und wie dreckig und wiederlich ein Fluss aussehen kann, das weiss man etwa in dem Moment, in dem man versucht, zu Fuss den Yamuna in Delhi zu ueberqueren. Man kann eigentlich nur hoffen, dass wie auch hoffentlich mal in China in Indien irgendwann ein Umdenken stattfindet und eben eine goldene Zukunft des Landes auch davon abhaengt, dass man die immense Umweltverschmutzung in den Griff kriegt.

Dieser Blog wird jetzt uebrigens sogar von Menschen in Kolumbien und Litauen betrachtet- man ist so begeistert von meinen vielen Fotos, dass meine Blogadresse immer mehr herumgereicht wird;-)

Ach ja, ich fuehle mich hier nach zwei Monaten wirklich wohl, aber schade finde ich es doch, dass ich von der Handball-Euphorie so gar nix mitbekomme, das muss ja der totale Wahnsinn sein mit TV-Quoten, die schon an Fussball-WM-Spiele heranreichen...Hoffe dann mal, dass "wir"morgen endlich mal wieder Weltmeister werden, auch wenn es nicht die "richtige"WM ist...
Fussballtechnisch bin ich gerade wieder einigermassen zufrieden: Der SC gewinnt wieder, Bayern verliert staendig (bitte verzeihe, Sven) und Werder wird hoffentlich Meister und nicht diese Pseudoknappen-Arbeiterverein-Gazprom-Russen;-))

So, ich wuensche allen noch ein schoenes Wochenende (vielleicht kann man trotz der zu warmen Temperaturen ja Skifahren gehen- obwohl ich momentan eher ins Freibad moechte)...

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